Eine Wanderung aus dem ÖPNV-Touren-Programm der Seniorenabteilung: Vom Bahnhof Fischhausen-Neuhaus über die Ankel-Alm auf die Brecherspitze und über die Obere Firstalm zur Bushaltestelle auf dem Spitzingsattel.
Die Tour fand wegen kurzfristigen Absagen mit nur sechs Teilnehmer*innen statt. Im Vorfeld der Tour entwickelten sich obendrein einige Herausforderungen: Die Wettervorhersage war, wie so oft in diesem Jahr, wieder einmal ungewiss. Zwei Apps sagten keinen Regen für den 22. Mai voraus, eine andere ganztägige Schauer. Vom Fischhausen-Neuhaus auf die Brecherspitze waren 900 Höhenmeter zu überwinden. Für die erste ÖPNV-Bergtour in diesem Jahr, war daher die Option vorgesehen, bei der Zwischenstation Ankel-Alm zu bleiben und die Rückkehr der „Gipfelstürmer“ abzuwarten. Am Vortag der Wanderung dann die Bestätigung von der Touristen-Information: Die Almwirtschaft in diesem Landstrich startet erst im Juni, die Almen sind also noch geschlossen. Daher wurde rasch ein Plan B mit alternativen Einkehrmöglichkeiten erarbeitet und den Teilnehmer*innen mitgeteilt.
Die Fahrt von Augsburg nach München-Pasing mit Umstieg in die S-Bahn bis Donnersberger Brücke und schließlich in die Bayerische Oberlandbahn klappte reibungslos. Als wir uns dem Bahnhof Fischhausen-Neuhaus am Schliersee näherten und unser Ziel, die Brecherspitze vor Augen hatten, wollte alle auf den Gipfel. Das vereinfachte die Logistik. Vom Bahnhof folgten wir zunächst der Trasse der „Bockerlbahn“, die Anfang des 20. Jahrhunderts dem Holztransport vom Spitzingsee nach Neuhaus diente. Heiner entdeckte am Wegesrand eine seltene Frauenschuh-Orchidee. Dann bogen wir auf den steilen Weg zur Ankel-Alm ab. Sie war wirklich geschlossen, bot uns mit bereits aufgebauten Tischen und Bänken eine willkommene Gelegenheit für eine Pause, dazu ein blitzsauberes Plumpsklo mit schönem Talblick durch ein Panoramafenster. Am Weiterweg zeigte sich die Pracht der Frühlingsflora: Blaue Kugelblumen und Enziane, gelbe Trollblumen, weiße Silberwurz und duftende rosa Steinröschen. Bisher meinte es das Wetter gut mit uns mit bewölktem Himmel und ein paar blauen Flecken, aber trocken. Die Erde war von den Niederschlägen der vorhergehen Tage noch nass und bildete mit den Steinen einen Schmierfilm unter den Schuhsohlen, der achtsames Gehen erforderte. Ein weiter Blick ging nach Norden über den Schliersee bis zu den Häusern von München. Aber zog da nicht eine dunkle Wolke mit grauen Regenschleiern von Westen am Alpenrand vorbei? Einige Minuten später war klar: Wir sollten nicht verschont bleiben. Ein Schauer und heftige Böen begleiteten uns eine Stunde lang beim weiteren Aufstieg zum Gipfel, einigen raschen Gipfelfotos und dem Abstieg über den felsigen und teilweise seilversicherten Westgrat. Ein plötzlich auftretender Wadenkrampf in dieser unwirtlichen Lage ließ sich zum Glück schnell mit einer Dosis Magnesium kurieren. Trotz alledem herrschte gute Stimmung, es gab keine Klagen. Dieser Truppe muss man Respekt zollen! Endlich waren wir tropfnass am Ende der anspruchsvollen Passage angekommen, da endete der Regen, der Himmel klarte auf und wärmende Sonnenstrahlen begannen, unsere Kleidung zu trocknen.
Vor uns im Tal lag die Obere Firstalm, die wir uns zur Mittagseinkehr auserkoren hatten. Auf der sonnigen Terrasse genossen wir Speis und Trank und freuten uns an den gut gemeisterten Herausforderungen. Die Bedienung hatte Sitzfelle und wärmende Decken besorge und unseren Aufenthalt dadurch noch angenehmer gestaltet. Beim Bezahlen gab sie uns den Hinweis, der nächste Regenschauer sei in einer halben Stunde zu erwarten.
Der Wegweiser zeigte 40 Minuten bis zur Bushaltestelle am Spitzingsattel. Also schneller Aufbruch! Auf dem breiten Trautweinweg, der im Winter zur Rodelbahn wird, sollte das machbar sein. Mitten im flotten Schritt talwärts überrascht uns Ulrich mit dem Hilferuf: „Meine Schuhsohle fällt ab“. Und tatsächlich hing die Lauffläche nur noch an einem schmalen Streifen am Schuh. Schnell Leukoplast aus dem Erste-Hilfe-Beutel um Sohle und Schuh gewickelt, und für den Rest des Tages sollte die provisorische Reparatur halten. Nächstes Mal für solche Notfälle Gummiringe nicht vergessen! Auf den letzten Metern vor der Haltestelle holte uns der Regen ein. Wir flüchteten uns unter ein Vordach an der Haltestelle, da kam der Bus schon heran und brachte uns hinunter zum sonnigen Bahnhof Fischhausen-Neuhaus. Noch ein Blick hinauf zu unserem Gipfel, die Bayerische Regionalbahn fuhr ein und brachte uns mit einigen Minuten Verspätung zum Münchener Hauptbahnhof, wo wir in den Go-Ahead nach Augsburg wechselten, der uns pünktlich ans Ziel brachte.
Am Ende eines trotz einiger Widrigkeiten erfolg- und erlebnisreichen Tages stand die Erwartung, die ausgesprochen interessante und landschaftlich reizvolle Tour bei schönem Wetter zu wiederholen.
Ernst Kundinger
26.05.2024
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